Schalke 04 : Unterhaching
Zugegeben, selbst nachdem einige Tage ins Land gegangen sind, fällt es einem Schalke-Fan nach wie vor nicht leicht, die Geschehnisse vom Saison-Finale 2000/01 zu verarbeiten. Vize-Meister, Pokalsieger - der S04 hat eine Saison gespielt, wie man dies nach den zwei enttäuschenden Jahren zuvor wohl kaum erwarten konnte. Und das Beste daran: Unser Team spielt in der neuen Arena Auf Schalke in der Champions League - ein Supererfolg! Das eigentlich der FC Schalke 04 die Meisterschaft verdient gehabt hätte, Herr Schober den Ball auf die Tribüne schießen musste und dieser indirekte Freistoß überhaupt ein sehr fragwürdiger war, darüber möchte ich an dieser Stelle keine weiteren Worte verlieren. Darüber wurde alles geschrieben und gesagt, darüber haben wir uns Tage lang die Köpfe heiß geredet, doch rückgängig zu machen ist dies leider nicht!
Ein Bus mit vielen bestens gelaunten Schalke-Fans machte sich am Samstag, 19. Mai, aus Aue auf den Weg Richtung Gelsenkirchen, um dabei zu sein, wie der S04 vielleicht seine allerletzte Meisterchance nutzt, aber zumindest jedoch den wichtigen 2. Tabellenplatz gegen die schwarz-gelbe Biene-Maja-Truppe aus Lüdenscheid verteidigt. Ein Unterfangen, das gegen die stark abstiegsbedrohte SpVgg Unterhaching möglich sein sollte. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Die bestens aufgelegten S04-Fans im weiten Rund des Parkstadions waren zunächst einmal schnell verstummt. André Breitenreiter schoss die Gäste bereits in der 4. Minute in Front und als der Sportkamerad Spizak in der 27. Minute gar zum 0:2 einnetzte, schien die Sache für uns gelaufen. Dennoch war unser Vorsitzender Thomas Fischer auf der Gegengerade optimistisch, dass wir die Kiste noch drehen. Und er sollte - deshalb ist er schließlich Vorsitzender - recht behalten. Nico van Kerckhoven verkürzte auf 1:2 (44.), und der Ausgleichstreffer von Neu-Nationalspieler Gerald Asamoah wurde geradezu ins Tor geschrien - 2:2. Aus Hamburg traf die Kunde ein, dass es zwischen dem HSV und Bayern noch 0:0 stand, es war also noch nichts entschieden.
Zweite Halbzeit: Nach druckvollem Beginn unserer Mannschaft wieder ein ganz herber Rückschlag. Jan Seifert köpfte Unterhaching mit 3:2 in Front.
Doch der S04 antwortete in Person von Jörg Böhme. Erst schlenzte er einen Freistoß zum 3:3 in die rechte unter Ecke (73.), eine Minute später war er mit einem gefühlvollen Heber zur Stelle (74.). Als Ebbe Sand in der 89. Minute mit dem 5:3 alles klarmachte, überschlugen sich die Ereignisse. Riesenjubel über das vermeintliche 1:0-Siegtor des HSV, die Fans lagen sich in den Armen, einige stürmten bereits das Spielfeld. Doch einige Radiobesitzer warnten, denn das Spiel in Hamburg sei noch nicht abgepfiffen. Dann wurde auf der Anzeigetafel live ins Volksparkstadion geblendet - der Rest ist leider bekannt. Tausend Gedanken schossen uns da durch den Kopf, ganz schwer, halbwegs die Fassung zu bewahren und sich neu zu ordnen. Jeder tat das auf seine Weise: die einen weinten, andere starrten vor sich hin, wiederum andere begannen hitzige Diskussionen.
Wir hatten die Rückfahrt für 20 Uhr angesetzt, und welche Stimmung zunächst am Bus herrschte, kann sich wohl auch jeder vorstellen, der nicht dabei war. Doch das sollte sich schnell ändern: Auf dem Weg in die Heimat wurde der S 04 gefeiert, als ob die Schale doch bei uns gelandet wäre. Fan-Gesänge bis ins Wittgensteiner Land - so lautstark und ausdauernd wie schon lange nicht mehr. Trotz der bitteren Enttäuschung am Ende wird die Fahrt sicher als eine der besten und spannendsten in die Geschichte des Fan-Clubs Müsse eingehen.
Martin Völkel